am Universitätsklinikum Heidelberg - Pressemitteilung
Von Ballaststoffen und Mikrobiomen
Heidelberg, 19.04.2013 – Neurogene Darmfunktionsstörungen sind Folge fast jeder Querschnittlähmung. Im Gegensatz zu Bewegungseinschränkungen und Sensibilitätsverlust etwa sind Probleme wie Darminkontinenz, Verstopfung oder chronische Verdauungsbeschwerden aber ein Thema, das nach wie vor mit einem mit Scham und Unwissenheit behafteten Tabu belegt ist und bisher vernachlässigt wurde in Pflegemethoden und Forschung.
Um Abhilfe zu schaffen fand am vergangenen Freitag, 19. April 2013 das erste Symposium ‚Neurogene Darmfunktionsstörung in Wissenschaft und Praxis‘ in der Klinik für Paraplegiologie am Universitätsklinikum Heidelberg statt, zu dem nahezu 100 Teilnehmer aus ganz Europa anreisten.
„Wir brauchen neue, innovative, unkonventionelle Methoden für die Zukunft“, sagt Dr. Andreas Hug, Oberarzt am Querschnittzentrum Heidelberg. „Deshalb“, ergänzt Veronika Geng, Pflegewissenschaftlerin und Leiterin des Beratungszentrums für Ernährung und Verdauung Querschnittgelähmter in der Manfred-Sauer-Stiftung in Lobbach, „findet dieses Symposium statt. Wir wollen die neurogene Darmfunktionsstörung bei Querschnittlähmung und die gängigen Behandlungsmethoden in den Kliniken heute verstehen und erfassen, um daraus verbesserte Diagnosemethoden und Therapieansätze abzuleiten.“
Um dieses Ziel voranzutreiben, arbeiteten das Querschnittzentrum Heidelberg und die Manfred-Sauer-Stiftung am vergangenen Freitag zum ersten Mal zusammen und schufen einen Rahmen, in dem internationale Experten auf den Gebieten der neurogenen Darmstörung, der Pflege Querschnittgelähmter und des Ernährungs- sowie Darmmanagements bei Querschnittlähmung in Heidelberg zusammenkamen. Gemeinsames Anliegen: einen Einblick in die Spezialgebiete der Kolleginnen und Kollegen erhalten, deren Standpunkte verstehen und das neue oder aufgefrischte Wissen in die eigene Arbeit integrieren können.
„Wir sind froh, hier in Heidelberg die Möglichkeit zu haben dieses Symposium auszurichten, das – wie wir hoffen – einen wichtigen Beitrag zum Dialog über zukünftige Verfahren und Therapien leisten wird“, sagt Prof. Norbert Weidner, Direktor der Klinik für Paraplegiologie Heidelberg. „Das Miteinander ist es, was uns weiterbringen wird.“
Dass Handlungsbedarf herrscht, findet auch Christian Petzold, Krankenpfleger am Querschnittzentrum Markgröningen. „Was uns im Augenblick in der Pflege zur Verfügung steht, ist ein Trial-und-Error-Prozess. Zum größten Teil wegen der individuellen Situation der einzelnen Patienten. Ich würde mir aber wünschen, dass zumindest ein allgemeingültiger Ansatz gefunden werden könnte, von dem aus wir in der Pflege dann aufbauen können.“
Die referierenden Ernährungsexperten wiesen erneut auf die positiven Auswirkungen des Verzehrs von Ballaststoffen und Präbiotika auf das Verdauungssystem hin. Passend dazu wurde in der Pause ein ballaststoffreiches Müsli mit Nüssen, Haferflocken und Jogurt serviert, was nicht nur die schweizerischen Teilnehmer freute. Über die neuesten Erkenntnisse über das Mikrobiom, das heißt die Mikroflora des Darms, und dessen Auswirkungen auf Erkrankung und Gesundheit des Menschen, berichtete Dr. Dietrich Leder, Koloproktologe aus München/Sonthofen. „Wir wissen, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms unter anderem verantwortlich sein kann für Adipositas. Durch das Zuführen bestimmter Stoffe aus z. B. prä- und probiotischen Lebensmitteln, wird das Biom positiv beeinflusst. Über das Müsli am Vormittag, hat sich meins ganz sicher gefreut.“
Die Vorteile der vernetzten Welt wurden beim Vortrag von Dr. Anton Emmanuel, der international anerkannten Kapazität für neurogene Darmfunktionsstörungen aus London, deutlich. Da sein Flug kurzfristig abgesagt worden war, referierte Emmanuel nicht nur über Skype sondern beantwortete auch anschließende Fragen über dieses Video-Online-Medium.
Beim abschließenden Resümee waren Geng und Weidner sich einig, dass die Zusammenarbeit der Abteilung für Paraplegiologie der Universitätsklinik Heidelberg und der Manfred-Sauer-Stiftung durchaus als erfolgreich bezeichnet werden könne und einer weiteren Kooperation nichts im Wege stünde.
Autor: Tanja Konrad, 22.04.2013
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