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Referenten des Uro-Day (v. li): Dr. med. Ralf Böthig, Ellen Janhsen-Podien, Maike König, Veronika Geng, Walter Holzschuh

Erster Uro-Day in der Manfred-Sauer-Stiftung

Am 4. Juli 2014 fand unter Organisation und Dach der Manfred-Sauer-Stiftung in Kooperation mit der European Association of Urology Nurses (EAUN) der erste „Uro-Day“ statt. Rund 120 interessierte Akteure aus den Bereichen Urologie und Pflege sowie Hersteller von Medizinprodukten besuchten die Fachveranstaltung, um sich über neueste Erkenntnisse zum Schwerpunktthema „Intermittierender Katheterismus“ zu informieren, zu diskutieren und sich mit Kollegen auszutauschen.

 
Die frisch erschienene Leitlinie „Durchführung und Management des intermittierenden Katheterismus bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen“ der Deutschen Gesellschaft für Urologie bildete den theoretischen Überbau für die vertiefenden Ausführungen der fünf Referenten aus Deutschland und der Schweiz. „Es geht uns darum, Wissen und Erfahrung in die entsprechenden Zentren zu transferieren, aber auch Fachpersonen aus Homecare und Pflege zu erreichen, um einen gemeinsamen Standard zu etablieren“, so Referent Dr. med. Ralf Böthig, Leitender Arzt der Neuro-Urologie am Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus in Hamburg-Boberg und einer der Autoren der Leitlinie.

 

Den Goldstandard noch besser machen

Die Einführung des intermittierenden Katheterismus (IK) in den 1940er- und 1950er-Jahren durch den Arzt Sir Ludwig Guttmann halbierte die in dieser Zeit noch dramatische Rate eines lebensgefährlichen Nierenversagens bei Patienten mit neurogenen Blasenfunktionsstörungen. Bis heute gewährt die Technik im Wesentlichen eine druckarme und damit schonende Blasenentleerung mit geringen Restharnmengen und ist als „Goldstandard“ in der Behandlung von neurourologischen Problematiken international anerkannt. Die für die Durchführung benötigten Katheter, Kondomurinale und andere Hilfsmittel werden ständig weiterentwickelt. Für deren Anwendung scheint es jedoch selbst unter Fachleuten kaum einheitliche Praktiken zu geben: „Jeder folgt einem anderen Dogma, es richtig zu machen, und viele sind mit der Materialvielfalt schlicht überfordert“, bemängelte Walter Holzschuh, Leiter der Neuro-Urologie Pflege am Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil. Es fehle an einer gemeinsamen Terminologie, Überprüfungsmechanismen und Transparenz. „Wir wollen nicht, dass alle alles gleich machen, sondern dass alle zum gleichen Ziel kommen.“

 

Keine Lösung von der Stange

Der erste Uro-Day bot Referenten und Teilnehmern nun eine Plattform für die interaktive  Auseinandersetzung mit aktuellen handlungsleitenden Empfehlungen zu Management und Durchführung des IK, wie sie u. a. in der neuen Leitlinie formuliert sind. „Der IK stellt niemals eine Lösung ‚von der Stange‘, sondern immer eine individuell zu erarbeitende Therapieform für Patienten mit neurogener Blasenfunktionsstörung dar“, heißt es darin. Welche Grundsätze dennoch übergreifendes Allgemeingut sein sollten, wurde in den Vorträgen zu Schwerpunkten wie „Indikation/Kontraindikation“, „Harnwegsinfektionen“ oder „Anleitung des Patienten zum IK“ deutlich.

 

Neuro-Urologie in Europa

Der Blick über den Tellerrand zeigt, dass andere europäische Länder ähnliche Probleme beschäftigen, auch wenn Kompetenzen in der Pflege und rechtliche Aspekte – wie das Medizinproduktegesetz – im europäischen Vergleich sehr unterschiedlich sind. Mit der Vorstellung der EAUN und ihrer Leitlinien sowie der Highlights des EAUN-Kongresses im Frühjahr in Stockholm umriss die Pflegewissenschaftlerin und Mitautorin der IK-Leitlinie Veronika Geng von der Manfred-Sauer-Stiftung, was in Europa in Sachen „Katheterismus“ derzeit getan wird. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf des ersten Uro-Days, und sowohl die Anzahl der Teilnehmer als auch deren Anreise von Österreich bis hoch in den Norden hat uns schon überrascht“,  kommentierte Veronika Geng das große Interesse.

 

Die Urotherapie als interdisziplinäres Arbeitsfeld

„Wir sehen, dass es ein Umdenken in der Fachwelt gibt. Ärzte, Therapeuten, Pflegende und andere Beteiligte verstehen, dass man im Team handeln muss“, sagte Ellen Janhsen-Podien, die als fachliche Leiterin der Urotherapie-Weiterbildung am Krankenhaus Links der Weser in Bremen medizinische Fachkräfte zu Urotherapeuten ausbildet. Als „Botschafter für die kompetente Urotherapie“ unterstützen sie eine den aktuellen Standards entsprechende Praxis in den jeweiligen Einsatzgebieten.

Auch die Urotherapeutin Maike König vom Zentralklinikum Bad Berka betonte die disziplinübergreifende Relevanz des Arbeitsfeldes. So sei die individuell optimale Haltung während des Katheterisierens eine Frage, die es ggf. mit Neurologen und/oder Orthopäden zu erörtern gelte, der Transfer eine Aufgabe der Physiotherapie, Adaptionen bestimmter Hilfsmittel hingegen das Gebiet der Ergotherapeuten. Sozialarbeiter und Psychologen gehörten hinzugezogen, wenn es etwa um die Anpassung des Wohnumfeldes oder persönliche Hemmnisse gehe. Das gemeinsame Ziel: Eine individuelle Versorgung des einzelnen Patienten, um die jeweils größtmögliche Sicherheit, Selbstständigkeit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erreichen.

„Die Neuro-Urologie ist ein Fach mit großen Potenzen“, bewertete Ralf Böthig den Gegenstand des ersten Uro-Day. Dem großen Bedarf an Austausch und Wissenstransfer hat dieser Tag im Zeichen des IK Rechnung getragen. Veranstaltungen wie diese könnten auch in Zukunft eine Plattform zur interdisziplinären Auseinandersetzung bilden und der Etablierung gemeinsamer Qualitätsstandards Vorschub leisten.

 

<link internal-link>Die Präsentationen zu den Vorträgen finden Interessierte zur Ansicht und nach Registrierung auch zum Download "Vorträge online".

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