Gemeinsame Werkschau in der Manfred-Sauer-Stiftung
RNZ 28.06.2017 – von Jutta Trilsbach
Lobbach. Der „Kettenmensch“, eingehüllt in einen Panzer aus Fahrradketten, schreitet von „Hintertür“ zu „Hintertür“. Diese Anordnung, bestehend aus einer Plastik des Bildhauers Klaus Proissl und Bildern von Michael Lerche, steht symbolhaft für die gemeinsame große Werkschau in der Manfred-Sauer-Stiftung: Beide Künstler werfen damit Lebensfragen auf und sagen: „Der Kettenmensch ist eingezwängt und steht für das ständige Funktionieren-Müssen, die Bilder zeigen die Hintertüren, die sich die Menschen heute immer offen lassen, sei es im Beruf oder in der Freundschaft, in den Beziehungen.“
Tiefgründig und symbolhaft für prägnante Lebensläufe – so auch der Titel der Ausstellung – sind die Werke des Bildhauers Klaus Proissl, die im Kontext mit den gefühlvollen Gemälden von Michael Lerche stehen. Eine intensive Betrachtung der rund 15 Plastiken aus Holz, Metall, Stein und Bronze von Proissl sowie der 30 Bilder von Lerche und die Auseinandersetzung mit ihren Themen brauchen Zeit und Einfühlungsvermögen. Bei der Vernissage spürte man die Harmonie zwischen beiden Künstlern, die sich erst vor zwei Jahren zusammengetan haben. Dazu beseelte irische Volksmusik von Liedermacher Saoirse Mhór und Michael Busch eine große Gästeschar beim Sektempfang.
In ihrer Einführung unterstrich die angehende Kunsthistorikerin Florence Fischer: „Sowohl die Lebensläufe der Künstler unterscheiden sich als auch ihre Arbeitsweisen, und doch schaffen sie es, durch die Kombination ihrer Werke nicht nur die richtigen Fragen für unsere Zeit zu stellen, sondern sich darin auch zu ergänzen.“
> Michael Lerche, 1960 in Hannover geboren, erlernte das Schlosserhandwerk, studierte Industriedesign und arbeitet heute in seinem Atelier in Heidelberg in der „Alten Feuerwache“. „Mein Anspruch ist, dass meine Bilder Emotionen wecken sollen und nicht abbilden“, sagte Michael Lerche, der in dieser Ausstellung keine seiner Skulpturen, sondern klein- und großformatige Bilder auf Leinwand und Holz präsentiert. In Acryl auf Leinwand fasziniert das abstrakte
Bild „Der Untergang des Seelenverkäufers“ in kräftig blauen und braunen Farben. Sehr beachtenswert ist die Serie „Im Garten der Sonja Maria K.“. Florence Fischer hierzu: „Wir sehen schwarze, organisch geschwungene Linien auf Holz, an einigen Stellen brechen die Linien auf und erkämpfen sich mehr Raum.“ Was hier zufällig wirke, sei keinesfalls dem bloßen Zufall geschuldet. Vielmehr führe der Maler die Linien im Rahmen seiner Mittel gewissermaßen spazieren und dafür gehe er die gewünschten Formen im Vorfeld geistig mehrmals ab.
> Klaus Proissl, 1972 in Heidelberg geboren, ist in Neckarbischofsheim verwurzelt. Für den Kunstschmied sind seine zum Großteil selbst hergestellten Werkzeuge auf besondere Weise beseelt. Das spiegelt sich in seinen Plastiken wie „Amazonenhaupt“ oder „Verkettung der Psyche“ wider. Klaus Proissl schwingt aber nicht nur den Schmiedehammer, sondern arbeitet auch mit Papier, wie die Plastik „Sternenstaub“, die so wundersam weiß mitten im Atrium leuchtet. Seine Spannbreite an Gestaltungen und die Mischung der Materialien Metall und Holz begeistern. Präzision zeigt sich auch bei seinen jüngsten Bronzeplastiken. „Hier hat der Künstler erneut die Möglichkeit, die Wirkung seines Werkes seinem Wollen anzupassen“, interpretierte Florence Fischer eines der in Bronze gegossenen Werke mit dem Titel „Die Verwandlung“. Schon früh morgens kommen ihm die Ideen, die er in einem Skizzenbuch aufzeichnet. „Das Dasein in Raum und Zeit und mein eigenes Bewusstsein dafür treiben mich an, künstlerisch tätig zu sein“, erzählte Klaus Proissl.
Info: Die Ausstellung „Lebensläufe“ von Klaus Proissl und Michael Lerche ist bis 20. August täglich von 8 bis 22 Uhr in der Manfred-Sauer-Stiftung, Neurott 20, zu sehen.